Pressereaktionen zu "Leonce und Lena"
HILDEN: Georg Büchners Klassiker hat auch heute nichts von seiner Aktualität verloren. So macht Theater Spaß: übermütig und melancholisch, spöttisch und scharfzüngig" |
NEUBURG: "Der König führt Regie ... Ein wunderbarer klassischer Theaterabend mit moderner Prägung" |
SURSEE: "Lustvolle Ensembleleistung ... Ein Lustspiel ohne Verfalldatum" |
VERSMOLD: "TV-Stars Christof Arnold und Ivanka Brekalo brillieren in Büchners Stück »Leonce und Lena«" |
AMSTETTEN: „Null Bock auf gar nix-Lustspiel“ über Weltschmerz und Langeweile ... Jugend füllte den Zuschauerraum" |
AUGSBURG: "Georg Büchners berühmtes Lustspiel begeisterte" |
DILLINGEN: "Von besonderer Aktualität " |
PULLACH: "Thomas Stroux zaubert von Anfang an ... in den Sommernächten erfüllt sich vor allem ein großartiger Liebestraum!" |
WiederholungstourneeWormser ZeitungElegant, leicht, aktuell02.11.2012 - WORMS Von Ulrike Schäfer BÜCHNER Die bezaubernde Komödie „Leonce und Lena“ mit dem Tournee-Theater „Der grüne Wagen“ im Wormser Theater Georg Büchners Komödie „Leonce und Lena“ ist ein bezauberndes Märchen. Es könnte auch heißen: Wie Prinz Müßiggang auszog, das Leben zu lieben. Es ist aber auch das, was wir heute unter politischem Kabarett verstehen, denn der Dichter nimmt unverblümt den Unverstand, die Weltferne und die Wichtigtuerei der Regierenden auf die Schippe, was damals allerdings noch lebensgefährlich war. Und schließlich ist es eines der schönsten Lustspiele überhaupt, voller Leichtigkeit, Poesie und Wortwitz, und ohne weiteres dem Shakespearschen „Sommernachtstraum“ zu vergleichen. Thomas Stroux, Leiter des Tournee Theaters „Der grüne Wagen“, hat das Stück zum 200. Geburtstag des früh verstorbenen Büchner für die Tourneebühne eingerichtet und legte vor der Aufführung in einer kurzen Ansprache dem Wormser Theaterpublikum Dichter und Stück besonders ans Herz. Dass er einige Erklärungen über den geistes- und kulturgeschichtlichen Hintergrund mitlieferte, war nicht verkehrt. Um darüber hinaus die fruchtbare Epoche, in der Büchner lebte, anklingen zu lassen, führte er den Countertenor Bela Fischer jr. ein, der recht ansprechend Lieder von Schumann, Schubert, Mendelssohn mit Texten von Heine, Goethe und Mörike vortrug. Stroux setzte die Eleganz und Leichtigkeit, mit der Büchner mit Versatzstücken von idealistischer Philosophie und romantischer Italiensehnsucht jongliert, wunderbar heiter, skurril und voller ironischer Anspielungen auf die heutige Zeit in Szene. Die beiden Königreiche Popo und Pipi sind im wahrsten Sinn des Wortes zwei Seiten einer Sache (das Bühnenbild stammt von Christoph Fath): hier der königliche Thronhimmel, wo König Popo (köstlich: Thomas Stroux) das Denkenwollen mit dem Denkenkönnen verwechselt, dort die Zollstation zu König Pipis Reich, in dem stupide Polizeidiener mit größter Wichtigkeit ihre unsinnige Arbeit tun. Christof Arnold spielt den Null-Bock-Prinzen Leonce mit sprühender Lebendigkeit, mutwillig bis hin zur Mitleidlosigkeit. Nichts und niemand kann ihn erfreuen, nichts kann er Ernst nehmen, und doch empfindet er diese Leere als schmerzhaft, sehnt sich nach etwas, das ihn erfüllen kann. Petra Liederer als Hofnarr Valerio, ein Ausbund an Quirligkeit, ist so etwas wie sein Spiegel. Er übertrumpft den Prinzen einerseits mit seinen Verrücktheiten, hält ihn aber andererseits auch mit nüchterner Vernunft davon ab, sein Leben wegzuwerfen, und führt ihn auf Umwegen wieder nach Hause zurück, wenn man so will zu seiner Bestimmung. Ivanka Brekalo verlieh der Lena lieblich-mädchenhafte Züge. Ob zum Schluss Leonce den Hofnarren zum Minister machen, ob er mit Lena ein müßiges Leben führen oder seinem Volk ein guter Regent sein wird, bleibt offen. Das köstliche Schlussbild vom Hochzeitstag sieht jedenfalls aus, als sei es der Yellow Press entnommen.ErsttourneeHILDEN. Rheinische Post v. 15.10.2011
Leonce und Lena in der Neuzeit
Georg Büchners Klassiker hat auch heute nichts von seiner Aktualität verloren. An dem Lustspiel, inszeniert von Thomas Stroux, hatte das Publikum in der Stadthalle seine helle Freude.
So macht Theater Spaß: übermütig und melancholisch, spöttisch und scharfzüngig – ein Spiegel der Emotionen, der Eitelkeiten und der Macht. Mit Büchners Klassiker "Leonce und Lena" begeisterte das Tournee Theater Der Grüne Wagen in der Stadthalle. Das von feiner Ironie durchzogene Lustspiel gehört zu den Perlen deutscher Komödienkunst, mit anmutigen, spritzigen Dialogen, mit bissigen Pointen und echten Herzenstönen.
Gefangen in Dekadenz
Regisseur Stroux inszenierte das Stück leichtfüßig zwischen Sozialkritik und Commedia dell'arte. Aber auch hier blitzt hinter der märchenhaften und volkstümlichen Maske der schneidende Witz des Revolutionärs Büchner hervor. Prinz Leonce aus dem Königreich Popo, von Beruf Erbe, ist gefangen in Langeweile, Dekadenz und Depression. Er sieht in seinem Leben keinen Sinn und bekennt: "Mein Leben gähnt mich an, wie ein großer Bogen Papier, der voll geschrieben werden will." Gleichzeitig verachtet er die Ursachen seines Überdrusses. In Sprachspielen mit dem Hofnarr Valerio attackiert er alles, was das Leben der Aristokraten ausmacht. Mit spitzer Feder rechnet Büchner mit der herrschenden Klasse ab, karikiert das in der Figur des senilen Königs Peter.Brillant schusselt Stroux in dieser Paraderolle auf dem goldenen Thron herum, regiert mit Plattitüden, leeren Worthülsen und unpassenden Zitaten. Um sich an sein Volk zu erinnern, braucht er einen Knoten im Taschentuch. Als Leonce die ihm unbekannte Prinzessin aus dem Königreich Pipi heiraten soll, flüchtet er gemeinsam mit seinem Gefährten Valerio. Auch Lena entflieht einer Ehe, die sie nicht will. In einem Wirtshaus treffen sie einander und verlieben sich, ohne die Identität des anderen zu kennen. Selig will Leonce sterben. Aber Valerio verhindert das und bringt die Liebenden zurück an den Hof.
Stroux umrahmt das wunderbare Bildertheater mit märchenhafter Kulisse, musikalisch und sprachlichen Kleinoden deutscher Dichter und Komponisten. Ivanka Brekalo spielt ihre Prinzessin zart, verträumt und zugleich eigensinnig. Arnold pendelt als Leonce gestisch und mimisch zwischen Schwermut und Sarkasmus. Der heimliche Star des Stücks ist aber Petra Liederer als Valerio, ein Shakespearescher Kobold, der unter der Narrenmaske furios die Fäden zieht.
von Astrid Schoene
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Donaukurier vom 11.10.2011
Andrea Hammerl
Der König führt Regie
Theatertruppe Grüner Wagen bringt Büchners Komödie „Leonce und Lena“ mit einigen Kunstkniffen auf die Bühne
Der König führt Regie. Oder spielt der Regisseur einfach nur den König? Fast könnte man meinen, Georg Büchners feinsinniger Humor habe auch diese Konstellation inspiriert. Thomas Stroux, Chef des GRÜNEN WAGENS, Regisseur und Schauspieler in einer Person, legt Wert darauf, dem Publikum im nahezu ausverkauften Stadttheater Neuburg den Autor Büchner ans Herz zu legen und den Blick für dessen Hintersinn zu schärfen.
Tatsächlich fordert der Text der Politsatire Schauspieler wie Zuschauer enorm. Leonce, verträumter, gelangweilter Prinz vom Königreich Popo, stellt die richtigen Fragen, Antworten hat er indes keine und muss sich am Ende dem Schicksal beugen, das ein unerwartetes Happy-End für ihn bereit hält.
Christof Arnold gefällt mit seiner unaufgeregten, natürlichen, absolut authentischen Charakterdarstellung des philosophierenden Taugenichts.
Ihm mehr als ebenbürtig erweist sich Ivanka Brekalo, die als Ex-Geliebte Rosetta ihr Temperament mühsam zu zügeln versucht, das sich in ausdrucksstarker Mimik und verhindertem Tarantella-Tanz entlädt, der all ihre Wut, Enttäuschung und Resignation ausdrückt.
Ganz anders gibt sich die junge Schauspielerin als Prinzessin Lena vom Reich Pipi – ernster, nachdenklicher, weniger philosophisch als Leonce, dafür mehr auf dem Boden der Realität stehend. Ob sie es schaffen wird, ihren Prinzen für eine bessere, Regentschaft zu sensibilisieren, noch dazu mit dem Narren Valerio als Präsident? Das lässt Büchner am Ende offen - jedoch stirbt die Hoffnung bekanntlich zuletzt.
Entsorgt hat sich jedenfalls König Peter (köstlich als vertrottelter, pseudophilosophischer Herrscher: Thomas Stroux), indem er dem Sohn die dürre Krone übergibt und sich samt katzbuckelndem Hofstaat zum Denken zurückzieht.
Was wäre die Welt ohne Narren? Valerio, dem Petra Liederer gelenkige Knochen und schlagfertiges Mundwerk leiht, scheint tatsächlich die bessere Alternative zum verknöcherten Hofstaat (Robert Rigler in wechselnden Rollen als Hofmeister, Präsident, Schulmeister oder Prediger) zu sein. Zumindest wagt er den Widerspruch, und sei es nur, um Leonce vom Selbstmord aus Liebe abzuhalten, indem er ihm vorschlägt, „lieber auf dem Rasen zu schlafen als darunter“. Büchners Wortwitz gipfelt in des Narren Wortspielereien, ob er nun Ein-, Auf- oder Fortkommen definiert oder plakativ feststellt: „Man kommt leichter zu seiner Erzeugung als zu seiner Erziehung“. Büchners ungeheure Ausdruckskraft findet sich auch bei Lena, die die von beiden Seiten unerwünschte Hochzeit hinterfragt: „Warum schlägt man einen Nagel durch zwei Hände, die sich nicht fanden?"
Ein tiefblauer oder leuchtend roter Hintergrund, eine pfiffige Drehbühne, die als Grenzposten oder Thronsaal dient und ein Pianist … bilden den Rahmen für die gelungene Inszenierung. Stroux stellt das Werk des jung verstorbenen Autors in Beziehung zu dessen Zeit und baut Zusatztexte und Musik der Zeitgenossen Schubert, Mörike, Heine, Schumann, Goethe, Eichendorff, Mendelssohn-Bartholdy ein. Ein Kunstgriff, der die Textlastigkeit des Stücks aufbricht und das Publikum zudem in den Genuss bringt, dem Pianisten und Countertenor Bela Fischer zu lauschen.
Ein wunderbarer klassischer Theaterabend mit moderner Prägung, der bestens bei den Theaterbesuchern ankommt.
Surseer Woche, 29. September 2011 André Reinhart
Ein Lustspiel ohne Verfalldatum
Thomas Stroux, der nebst der Rolle des Königs Peter auch noch Regie führt, hat dem Stück passend einige Lieder und Gedichte beigefügt, gesungen und an der Hammondorgel begleitet von Bela Fischer jr. Diese dokumentieren die Gefühlslage der Menschen damals und zaubern dadurch eine sinnlich stimmige Atmosphäre dieser Zeit auf die Bühne.
Stroux ist eindeutig nicht der Regisseur, der sich selbst inszenieren muss. Er stellt Büchners Text und Intention ins rechte Licht und nutzt die dazu passenden theatralischen Spielsachen und Requisiten.
Lustvolle Ensembleleistung
Die Schauspielerinnen und Schauspieler des Tourneetheaters „Der grüne Wagen“ haben gemeinsam eine einfühlsame Aufführung dieses alten Lustspiels gezeigt. Sie haben dem Text Georg Büchners vertraut und nur sehr wenig verändert. Dass der Hofnarr Valerio – die heimliche Hauptrolle – von einer Frau wie Petra Liederer gespielt wurde, war dabei aber eine besonders überzeugende und prickelnde Überraschung.
Versmold – Zeitung Westfalen Blatt, Mittwoch, 05. Oktober 2011
Auf dem Rasen schlafen, nicht darunter von Klaus Münstermann
TV-Stars Christof Arnold und Ivanka Brekalo brillieren in Büchners Stück »Leonce und Lena«
Prinz Leonce (Christof Arnold) langweilt die Liebe zu Rosetta (Ivanka Brekalo) am Hofe des Königreichs Popo. Als Brekalo die Prinzessin Lena aus dem Königreich Pipi spielt, verlieben sich die beiden TV-Stars in Georg Büchners Stück ineinander.
Mit dem poetisch-märchenhaften Lustspiel »Leonce und Lena« von Georg Büchner ist die Theatersaison in Versmold am Samstag eröffnet worden. Die beiden TV-Stars Christof Arnold und Ivanka Brekalo überzeugten als Hauptdarsteller. Fast hatte man am Ende des Stücks den Eindruck, sie hättensich tatsächlich ineinander verliebt. Mit akzentuierter Leidenschaft und wohltuender Natürlichkeit haben Arnold und Brekalo in der Aula der Versmolder Hauptschule Büchners schwierigem Stück von 1836 ihren Stempel aufgedrückt.
So schwierig, dass Regisseur Thomas Stroux, der selbst den König Peter spielte, anfangs eine kurze Einführung vornahm: »Das Stück bildet das komplette Theaterspektrum ab. Tragisch, komisch und kabarettistisch.« Die Namen der Königreiche Popo und Pipi war Büchners Idee, und sollte die Vertrotteltheit der Zwergstaaten zeigen.
Die wurde von König Peter zu Beginn demonstriert, als ihm ein Knoten im Taschentuch helfen musste, sich an sein Volk im Königreich Popo zu erinnern.
Mit Leonce scheitert ein gelangweilter junger Mann mit seinem Ausbruchsversuch aus einem spießigen Umfeld. Das war 1836 nicht anders als heute.
Komik der inneren Leere Robert Vogelhuber
„Null Bock auf gar nix-Lustspiel“ über Weltschmerz und Langeweile
Ironisch spritzige Dialoge durchziehen das Stück, der Wortspielcharakter erinnert an Shakespeare. Zwecks durchgreifender Wirkmechanismen braucht die Regie ein feines Stilgefühl. Diese Anforderung hat Thomas Stroux mit seinem Tourneetheater erfüllt. Trotz der energisch zynischen Bühnenpräsenz von Christof Arnold in der Rolle des Prinzen Leonce vermittelt er eine melancholische Grundstimmung. Die Revolte gegen die Schranken der menschlichen Existenz ist unter der Regie von Thomas Stroux zwar eine resignierende und trotzdem stark ambitionierte.
Das Stück macht den Eindruck einer großartigen Abstrusität ... die mit einem „Null Bock auf gar nix“ die Unendlichkeitssehnsucht der Romantik und den verkrusteten Habitus der herrschenden Verhältnisse parodiert.
Großteils Jugend füllte den Zuschauerraum bis in die letzten Reihen. Das Stück an sich: für die Jugend ein geeigneter Selbstfindungsort.
Maintal, 30.9.2011 (Maintaler Tagesanzeiger)
Die Intelligenz von Marionetten
Massive Parallelen zur Gegenwart sind nicht von der Hand zu weisen.
Stroux, der die Geschichte der beiden jungen Adligen teilweise in historischen Gewändern – den Hofstaat betreffend (Kostüme: Andrea Zach) – teils in zeitübergreifender Kleidung inszenierte, fächerte den Unterhaltungswert durch musikalische Zusatztexte, die der Countertenor Bela Fischer jr. mit feingliedriger Stimme interpretierte, auf. Die Bühne (Christoph Fath) entsprach mit den schnellen funktionsorientierten Wechseln, mal als Thronsaal, mal als Grenzstation mit dem Liebesfenster, den notwendigen Voraussetzungen für die Inszenierung. Stroux' König Peter streifte immer wieder die Grenze zur Karikatur eines Menschen, der glaubt, allein das Denken an das Denken sei schon Denken.
Der Leonce von Christof Arnold brachte den jungen attraktiven Müßiggänger und aussichtslosen Herrschersohn über die Rampe.
Ivanka Brekalo brachte als Leonces Hofgespielin Rosetta mit ihrem vitalen Tanz Feuer auf die Bühne.
Dass die Welt wohl schon immer ein Narrenhaus war, belegte der Hofnarr Valerio, dem Petra Liederer starke egozentrische Konturen gab. Wo der Denkapparat der Herrschenden in Müßiggang und Trübsinnigkeit versinkt, kommen die Narren mit ihrem erdverbundenen Wünschen und Zielen zum Zuge. Liederer versah ihren Valerio mit den Wesenszügen eines sprunghaften und volkstümlichen Spiritus rector, der sich auch als Hofmanager versteht und bestimmen will. Ob Leonce das verhindern will oder kann, bleibt wohl offen.
Westfälische Nachrichten Lüdinghausen 12.10.2011 - von Werner Zempelin
Flucht vor der Zwangsehe
Der Kulturwinter in der Steverstadt begann am Mittwochabend in der Realschulaula mit einer klassischen Komödie, die das Publikum im beinahe ausverkauften Haus in Begeisterung versetzte.
Vom ersten Moment an überzeugte die Produktion des Wiener Tournee Theaters Thomas Stroux
mit einem zwar einfachen, aber passenden Bühnenbild, ausgezeichneten Schauspielern, sowie witzigen, nachdenklichen und hintergründigen Dialogen und Charakteren. Immer wieder lachte das Publikum und geizte nicht mit Szenen- und Schlussapplaus. Auf dem Programm stand Georg Büchners (1813-1837) einzige Komödie „Leonce und Lena“.
Zu Beginn sehen die Zuschauer den melancholischen Prinzen Leonce (ganz überzeugend: Christof Arnold) auf einer Bank liegen. Er schwadroniert mit Hofnarr Valerio (Petra Liederer), einem unterkühlten Besserwisser, geistreich über den Sinn des Lebens, weiß aber letztlich nichts mit seinem Leben anzufangen. Mit bestechender Komik spielt Thomas Stroux den senilen und lächerlichen Herrscher des Königreiches Popo. Der will seinen Sohn mit der noch völlig unbekannten Prinzessin Lena vom Königreich Pipi vermählen. Nicht gewillt, den Bund einzugehen, flüchtet Leonce mit Valerio in Richtung Italien. ……Lena (einfach reizend: Ivanka Brekalo)….
AUGSBURGER NACHRICHTEN 11. Oktober 2011
Ein Lustspiel der Liebe von Elke Böcker
Neuburg
„Leonce und Lena“, Georg Büchners berühmtes Lustspiel begeisterte in der Inszenierung von Thomas Stroux Tourneetheater „Der grüne Wagen“ auch das Neuburger Theaterpublikum. Knapp 180 Jahre nach ihrer Entstehung hat die Liebeskomödie, diesmal mit musikalischen Zwischenebenen, nichts von ihrem Reiz verloren. Die faszinierende Sprache, der Wortwitz, die Anspielungen auf philosophische und lyrische Texte sind zeitlos mitreißend und humorvoll.
Petra Liederer als Hofnarr Valerio und Christoph Arnold als Prinz Leonce ließen die Zuschauer an vielen Überlegungen rund um Leben und Liebe teilhaben. Dabei beeindruckte Christoph Arnold besonders als gelangweilter, den Vergnügungen überdrüssiger Taugenichts, an der Schwelle zur Todessehnsucht ergab er sich hingebungsvoll und dekadent dem „Dolce far niente“.
Sein Gegenpart „Valerio“, den Petra Liederer voller Empathie spielte, zeichnete sich durch temporeiche Schlagfertigkeit und „närrische“ Gestik aus. Mit ironischer Lebensklugheit führt der Narr den Prinzen und die Zuschauer durch die Welt. Die Sehnsucht nach Liebe und die Flucht vor der geplanten Hochzeit treiben die beiden dann aus dem Land in die Fremde, derweil König Peter, kauzig und amüsant dargestellt von Thomas Stroux, das Denken einfordert.
Büchners Lustspiel zeigt eine Welt, in der nichts wichtiger als die Liebe erscheint, wenngleich man auch die nicht immer allzu ernst nimmt. Erhalten doch Eichendorffs Verse „Mondnacht“ in diesem Wechselspiel der Gefühle eine ganz neue Dimension. Trotz allen Spotts – nur die Liebe bietet Rettung für die einsamen Herzen – das will man wohl gern glauben. So findet sich denn Herz zu Herzen, und Leonce findet in Pipi die ihm zugedachte Lena – von der bezaubernden Ivanca Brekalo gespielt, die schon anfangs als Tänzerin Rosetta erfreute. Seinem Schicksal kann man eben nicht entrinnen. Ende gut, alles gut oder doch nur Komödie?
AUGSBURGER ALLGEMEINE 14.10.2011
Satire, Ironie und tiefere Bedeutung
„Der Grüne Wagen“ mit „Leonce und Lena“ im Dillinger Stadtsaal Erich Pawlu
Dillingen- Wie spielt man auf der Bühne Langeweile, ohne das Publikum zu langweilen? Dieses Problem löste das Tourneetheater „Der Grüne Wagen“ beim „Kulturring“ - Gastspiel im Dillinger Stadtsaal: In der Inszenierung des Lustspiels „Leonce und Lena“ von Georg Büchner klagte Prinz Leonce zwar ausgiebig über Langeweile, erwies sich aber zugleich als höchst aktiver Spaßvogel.
Damit überdeckte Regisseur Thomas Stroux zwar den fatalistischen Hintergrund der komödiantischen Handlung, gab aber den Blick frei auf den aphoristischen Wortwitz des Stücks von 1836. Das Dillinger Publikum konnte die Anspielungen auf den Irrsinn der damaligen deutschen Kleinstaaterei, auf die grotesken Formen höfischer Etikette und auf die volksferne Herrschaft der Duodezfürsten uneingeschränkt genießen.
Von besonderer Aktualität erschien in dieser durchdachten Inszenierung die Entlarvung der Rastlosen als „raffinierte Müßiggänger“. Und nicht nur wissenschaftlich denkende Zuschauer werden von der These Büchners beeindruckt gewesen sein, dass der Prozess des Verliebens auf rein mechanischen Ursachen beruht.
Denn in diesem Lustspiel sträuben sich die Königskinder Leonce und Lena zunächst einmal gegen die Zwangsvollstreckung einer staatlich angeordneten Eheschließung, werden aber von Shakespeares Liebesfeuer erfüllt, als sie sich, ohne sich zu kennen, an der Grenze ihrer Königreiche „Popo“ und „Pipi“ entgegentreten. .
Viel Anlass zum Staunen
Auch sonst gab es viel Anlass zum Staunen: Thomas Stroux gibt dem König Peter das werktreue Profil des regierenden Trottels. Christof Arnold und Ivanka Brekalo, bekannt als Stars der Telenovela „Sturm der Liebe“, verleihen den Königskindern jenen Reiz, den Gegensätze ausüben: Der satirisch agile Prinz korrigiert sein melancholisches Weltbild, als ihm seine romantische Prinzessin verdeutlicht, wie „schön und weit“ die Welt sei.
Ivanka Brekalo bringt als Tänzerin Rosetta zusätzliches Temperament ins Spiel und Petra Liederer gibt dem Hofnarr Valerio das Profil des skurrilen Analytikers, dessen Weisheit amüsiert, aber nichts ändert.
Sylvia Reisinger ist eine skeptische Gouvernante und Robert Rigler ein gravitätischer Staatsrat. Dass Regie und Ensemble mit starkem Schlussbeifall verabschiedet wurden, lag wohl auch am lyrisch-romantischen Firnis, mit dem die Regie das Stück eingefärbt hatte. Bela Fischer jr. begleitete am Keyboard die einzelnen Szenen mit schwelgerischen Melodien und Texten aus Büchners Zeit. Mit Fischers Vortrag von Liedern nach Eichendorff, Mörike und Goethe erhielt das Spiel, das anmutig zwischen Tiefsinn und Blödelei hin und her schaukelte, eine schöne Mischung von Satire, Ironie und tieferer Bedeutung.
Und der Schluss war besonders schön, weil da die Abschaffung der Arbeit verkündet wurde. Aber dieses revolutionäre Programm kam leider nur aus dem Kopf des Hofnarren, der inzwischen zum Staatsminister aufgestiegen war.
Fürstliches Gehabe lächerlich von A bis Z
Köstlicher Programmauftakt beim Theaterring / "Leonce und Lena" pfiffig inszeniert
von Antonia Anton
Schramberg. Die Eröffnung der neuen Theatersaison im Schramberger Bärensaal mit dem Lustspiel "Leonce und Lena" von Georg Büchner in der Inszenierung des Tournee Theaters "Der grüne Wagen" unter der Regie von Thomas Stroux erwies sich als Glücksgriff.
Nicht nur, dass der Regisseur selbst vorab interessierten Besuchern eine höchst informative Einführung über den genialen, allzu jung verstorbenen Autor und sein Werk gab, er verstand es auch, die zahlreichen Zuschauer im Saal mit genügend Hintergrundwissen auszustatten, um eines der drei besten deutschen Lustspiele gebührend würdigen zu können.
..... Ein überaus hilfreicher Regieeinfall war die Begleitung und Überbrückung der Szenen mit zeitgenössischen, vorwiegend romantischen Liedern und Texten, welche die Stimmung widerspiegelten.
.... der brillante Musiker Bela Fischer junior übernahm in gebotener Zurückhaltung als Keyboard-Solist und Counter-Tenor-Sänger diese Aufgabe in idealer Weise.....
Jedem Zuschauer wurde schnell klar, dass der Autor mit diesem Lustspiel neben der Unterhaltung eine Intention verband. Er machte sich lustig über die deutsche Kleinstaaterei und die Unfähigkeit der blaublütigen Herrscher und führte die Uniformierten als Pappnasen vor. Büchner ...karikierte .... die Langeweile und das aufgesetzte Bildungsgehabe an den Fürstenhöfen....die ....Kluft zwischen Herrschenden und Untertanen übte...... durch ironische Monologe und Dialoge.
Regisseur Stroux verwandelte sich als Darsteller des Königs gekonnt in einen vertrottelten Nichtskönner ... Christof Arnold als Prinz Leonce verkörperte brillant den gelangweilten, überdrüssigen Schmarotzer und Taugenichts....Selbst die aufregende Rosetta mit ihren betörenden Reizen (Ivanka Brekalo) vermochte ihn nicht zu locken. Anders dieselbe Schauspielerin in der Rolle der Prinzessin Lena. Faszinierend gestaltete das Paar den Moment des Sich-Verliebens. Lena ist es schließlich, die den tatenlosen, nichtsnutzigen Prinzen zur Annahme der Regentschaft führt.
Sehr viel Spielwitz und komödiantisches Talent brachte Petra Liederer als Hofnarr Valerio auf die Bühne.....
Selbst das Publikum wurde augenzwinkernd in die einstudierten Vivat-Rufe der Untertanen einbezogen. Der drehbare Palast ersparte in seiner Vielseitigkeit als Königshaus, Thronsaal, Zollhaus und Wirtshaus lange Umbaupausen. Der beharrliche Schlussapplaus zeigte, dass das Lustspiel bei den Zusehern sehr gut angekommen war.
MÜNCHNER MERKUR 4. November 2011, Kultur
Thomas Stroux' Inszenierung von Büchners "Leonce und Lena" oszilliert zwischen politischem Erwachen und Utopie
Pullach – .... Thomas Stroux ... führt sein Publikum im Pullacher Bürgerhaus ein in die satirische Wunderwelt von Georg Büchners "Leonce und Lena".
Und der Theatermann hat viel zu sagen... die Einführung gibt subtile Hinweise auf das Kommende.
Also Vorhang auf .. und ein erster Blick auf die beiden benachbarten Königreiche Popo und Pipi: Ein Prinz verliert sich vor melancholischem Gemäuer im Schatten seiner Schwermut. Ein junger Mann mit einer relativ hohen Tenorlage und einer gestochen scharfen Artikulation beschwört Robert Schumanns "Widmung". Diese vom Duft der blauen Blume der Romantik umwölkte Stimmung erinnert an William Shakespeares "Was ihr wollt" mit seiner theatralisch seufzenden Klage um nicht erwiderte Liebe: "Wenn die Musik der Liebe Nahrung ist, so spielt". ... beide werden in einem burlesken Traumspiel ihr Gegenüber finden.
Thomas Stroux zaubert von Anfang an in einer automatenhaften Spielästhetik, leitmotivisch mit Schubert- und Schumann-Liedern unterlegt, den ewigen Frühling ins Land. Einhergehend vielleicht mit einem politischen Erwachen, aber in den Sommernächten erfüllt sich, vor allem ein großartiger Liebestraum.
"Leonce und Lena", dieses von Büchner 1836 geschriebene Spiel von den zwei Königskindern, die nicht zusammenkommen wollen, aber vom Zufall zusammengeführt werden, ist eine böse Satire auf deutschen Kleingeist und Kleinstaaterei. Die Inszenierung entschärft das Bühnendynamit nicht, sondern lässt es im Gegenteil schon mal explodieren. Sie spart nicht mit symbolischen Tritten ins Hinterteil von geistlosen Herrscher-Karikaturen.
Aber auch im revolutionären Aufbruch des Dichters darf die Utopie für sich stehen. Es ist die Utopie von der großen Liebe. Stroux arbeitet sich mit Liebe zum schauspielerischen Detail von Szene zu Szene und es gibt kostbare Momente: Leonce und Lena begegnen sich. Da erwachen sie aus einem Schlaf, da entwickelt der Abend enthusiastischen Schwung. Und Tenor Bela Fischer lässt Schumanns "Mondnacht" atmen, "als hätt' der Himmel/Die Erde still geküsst".
Lena ist Ivanka Brekalo. Zunächst ist sie das märchenhaft-zarte Blumenwesen mit verspieltem Witz. aber sie ist auch eine kluge und mit Leidenschaft gegen alle Festlegungen protestierende Frau. Christof Arnold trägt den Spätherbst im Herzen, die Abgeklärtheit dessen, der sich wichtig nehmen will. Er gibt dem Leonce einen schneidenden Zynismus, ist aber auch ein in strahlender Zärtlichkeit sich Verzehrender.
Dem Text wird also nicht die Poesie ausgetrieben. Über das Gruselkabinett der Müßiggänger triumphiert der androgyne Hofnarr Valerio, gespielt von Petra Liederer. "Sind nicht die Könige alle Narren", fragte schon Shakespeare.
von Manfred Stanka |