Pressereaktionen zu "Lysistrate"

 

UELZEN Theater in der Ilmenau Allgemeine Zeitung v. 23.1.06

 

DAS STUDIUM DER WEIBER

 

„Lysistrate“ ganz ohne Staub mit dem Tourneetheater Thomas Stroux Echte Dramen seien immer Gegenwart, sagte Gerhart Hauptmann. Und Theater ist universale, auf Diskussion zielende Zeitgenossenschaft. Das erträgt sogar der Text von Aristophanes, wenn auch sehr rasant modernisiert. Wir kennen die Geschichte: Es sind die Frauen, die es satt haben, auf die Männer und Söhne zu warten, sie vielleicht noch beweinen zu sollen. Was tun gegen den Krieg? „Sag mir, wo die Männer sind“, sang die Dietrich.

 

Was Thomas Stroux (Regie) aus diesen zweieinhalbtausend Jahre alten Versen machte, mit welcher Spielfreude ihn sein Ensemble unterstützt, das war am Freitag im Theater an der Ilmenau allemal sehens- und hörenswert.

 

„Lysistrate“ als ein intelligentes Roll Back auf die Kernaussage, das ohne Jamben und Trochäen auskommt, ein wohltemperiertes Gefallstück, in dem die Gestalten weniger sie selber als ihre Berichterstatter sind. Man nahm das Theater zwar auch als Event, ließ aber dennoch Raum für unbequeme Gedanken. Zur Größe einer Tat gehört auch die Größe der Hürde, die man nehmen muss. Die Frauen setzen an zum Sprung und verweigern sich. Die Männer leiden und schleppen verschämt Riesensymbole ihrer sie quälenden Vernachlässigung. Der Gattinnen Bedrängnis ist desgleichen, und fast steht eine Auswanderung nach Lesbos zu befürchten. Die acht Darsteller konnten nach Herzenslust chargieren. Bela Fischer am Piano unterstützte sie in der musikalischen Wilderei. Am Ende fallen sich alle in die Arme. Erst die früheren Feinde, dann Männer und Frauen. Und endlich gibt es einen, wenn auch nicht sehr griechisch-antiken, Chorus der moralischen Anstalt Theater, der singt“ „Es gibt nie Frieden, kämpft Ihr nicht dafür... Dann bleibt ein Traum, was Ihr geseh’n“. Also: Frauen an die Macht, zuerst die Banken besetzen und die Börsen abschaffen....

 

Barbara Kaiser

 

 

 

BAD HOMBURGER WOCHE 19.1.06

 

LIEBESENTZUG ALS „WAFFE“ DER FRAUEN

 

Bad Homburg.

 

........In einer Aufführung des Tourneetheaters „Der grüne Wagen“ erlebte das Publikum im Kurtheater eine spritzige, amüsante und von Susanne Wolf pfiffig modernisierte Version, die bei aller komödienhaften Leichtigkeit auch der tragischen Tatsache gerecht wurde, dass es bis heute rund um den Globus jede Menge Kriege gibt. In der Rolle der Lysistrate brachte Johanna Liebeiner ihr nuancenreiches Spiel voll zu Geltung und hatte mit Thomas Stroux als Präsident einen ebenso starken Widersacher. Stroux, seit dieser Spielzeit Prinzipal des renommierten Tourneetheaters, hat auch Regie geführt und das Thema „Liebesentzug“ relativ behutsam inszeniert, als die Männer unter dieser weiblichen Waffe sichtbar zu leiden beginnen.

 

Die Frauen, darunter auch die Spartanerin Lampito (Sylvia Reisinger in alpenländischer Tracht und mit Wiener Akzent) haben sich mit Lysistrate in der Akropolis verschanzt, um den Männern den Zugang zur „Bank“ und damit zum Geld für die Kriegswaffen zu verwehren. Der Rammbock in Form eines riesigen Phallus, mit dem diese die Tür einzurennen versuchen, ist einem Vasenbild aus dem Jahr 470 v.Chr. nachgebildet, einer Zeit, als Eros ein mächtiger Gott war und nackte Tatsachen nicht versteckt werden mussten. Petra Liederer (Myrrhine) und Mathias Kahler (Kinesias) waren in einer hinreißend komischen Verführungsszene zu erleben, in der er das Baby und sie ihre Verführungskünste in Spiel bringt. Beide mit dem Ziel, den Anderen zur Aufgabe zu zwingen. Als das Baby im Weg ist, landet es kurzerhand auf dem Schoß eines Zuschauers.

 

Das Publikum war mehrfach gefordert, sich in dieses turbulente Spiel einzubringen, an dem auf der Bühne außerdem noch Vivien Löschner (Kalonike), Uwe Schwalbe (Wachoberster) und Bernd Wünsche (2. Wache) beteiligt waren. Bela Fischer jun. am Piano und Keyboard untermalte das Spiel um Liebes- und Machtentzug schwungvoll mit griechischem Sirtaki, bekannten Schlagern und Chansons von Zarah Leander bis Marlene Dietrich, sowie von Arien aus Bizets Carmen, die für das Stück mit neuen Texten ausgestattet wurden. Rolf Doerr (Bühnenbild und Kostüme) hatte das moderne Outfit mit einigen antiken Versatzstücken versehen, die nicht zuletzt zur Situationskomik beitrugen.

 

Das Publikum reagierte durchweg begeistert, spendete Szenenapplaus, verabschiedete das Ensemble am Ende mit kräftigem Beifall und wohl auch mit der Erkenntnis, dass die Hoffnung auf Frieden „ein Traum, ein schöner Traum“ bleiben wird. Trotzdem muss es immer wieder Menschen geben, die sich für ein „friedliches Miteinander in einer Welt“ einsetzen, wie es die moderne Lysistrate am Ende des Stückes gefordert hat.

 

Katrin Staffel

 

 

 

Wr. NEUSTADT PREMIERE 10.1.06 NÖN am 12.1.06

 

Erfolgreicher Tourneestart im Stadttheater: Das griechische Stück „Lysistrate“ nach Aristophanes als deftige Posse mit ernstem Anliegen. .......Coupletartige Songs wie „Ich bin ein Mädchen vom Piräus“ und ähnliche ersetzen großteils die strengen, originalen Chorszenen. Am eindruckvollsten fand ich den antik anmutenden Chordialog mit vorgehaltenen Masken und wirkungsvoller Lichtregie am Beginn des zweiten Teils dieses Premierenabends...... Inmitten dieses antiken „Komödiantenstadls“ mit seinen in Sexnotstand geratenen Männlein und auch Weiblein (!), die wirkungsvoll dargestellt wurden, kamen durch Johanna Liebeneiner mit ihrer achtungsgebietenden und gar nicht feministischen Lysistrate auch ernstere Zwischentöne keineswegs zu kurz.

 

Gottfried Sengstschmid

 

 

 

BAD HOMBURG 18.1.06

 

LALE ANDERSEN UND ALEXIS SORBAS

 

....Klar war wohl jedem, dass man kein antikes griechisches Opus erleben würde. Regisseur Thomas Stroux nahm die antike Vorlage und verlegte sie in die heutige Zeit. Entstanden ist eine bunte Revue mit viel Humor, Musik, die als gelungen bezeichnet werden kann.

 

Das Publikum grüßte Lysistrate mit einem fröhlichen „Kalimera“, die Frauen klagten über das ständige Mousaka-Kochen und der Präsident von Athen wirbelte eifrig den Komboloi. Getanzt wurde zum Sorbas-Lied und zahlreiche Schlager sorgten immer wieder für Heiterkeit. Nach „Ein bisschen Frieden“ sehnten sich die Frauen, die erkannten, „Es wird einmal ein Wunder geschehen“. Draußen „Vor dem Bankgebäude, vor dem großen Tor“ warteten dann sehnsüchtig die Männer, und drinnen, wegen der männlichen Mangelware, kam es bei der einen oder anderen Dame vor: „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Frauen eingestellt!“

 

Eine vergnügliche Revue wurde da geboten, in der Johanna Liebeneiner als Lysistrate die Fäden in der Hand hielt. Als männlicher Gegenspieler agierte Thomas Stroux nicht minder satirisch humoristisch. Vivien Löschner war eine kokette und adrette Kalonike und Petra Liederer eine verführerische Myrrhine.

 

Michael Jacob

 

 

 

ANDERNACH Mittelrheinhalle 21.1.06

 

FRAUEN STREIKEN FÜR DEN FRIEDEN

 

Komödie „Lysistrate“ wurde in Andernachs Mittelrheinhalle aufgeführt – Waffen des Eros gegen die des Kriegsgottes gestellt ANDERNACH. Der Name ist Programm. Lysistrate oder Lysistrata bedeutet so viel ei „Auflöserin des Heeres“, anders ausgedrückt, die Erlöserin vom Krieg... Weil die Frauen unter Lysistrates Einfluss sich enthalten, müssen die Männer sich’s verkneifen, und das von der Diktatur des Matriarchats verordnete Zölibat zeitigt Folgen, die hier in mitunter grotesker Übertreibung ausgespielt wurden. Zu grotesk oder gar frivol? Eine Diskussion hierüber ist selbst in der Provinz genauso gegenstandslos wie die Hoffnung auf eine konflikthemmende Wirkung erzwungener Enthaltsamkeit. In Kriegsdingen verstehen Männer nach wie vor keinen Spaß!

 

Zudem: Die so genannten alten Griechen waren – im Gegensatz zur Doppelmoral späterer Jahrhunderte überhaupt nicht prüde; im Text findet sich so viel Eindeutiges und absichtsvoll Zweideutiges, dass sich stellenweise die Seiten quasi wie von selber aufblättern. Obszöne Anspielungen zuhauf. Wenn einer da vielleicht meint, man solle doch, bitteschön, den Phallus im Dorf lassen, befindet er sich hinsichtlich der Vorlage völlig im Irrtum. Aber das Gelächter in der Mittelrheinhalle klang eher homerisch und überhaupt nicht nach Verlegenheit.

 

Das Salz in der Suppe fehlte demnach nicht. Was fehlte, und zwar laut Programmheft in erklärter Absicht, war der Chor. Wer also alte Männer und Frauen in wallenden Gewändern erwartet hatte, die im Original wie üblich die Handlung kommentieren und teilweise vorantreiben, musste – abgesehen von einer originellen Maskenszene – auf dieses typische dramatische Element verzichten. Nicht jedoch auf musikalische Einlagen, denn zu populären Melodien machten Gruppen wie Einzelakteure das Stück phasenweise zum burlesken Singspiel.

 

Wie ein Satyrspiel, jenes heiter ausgelassene Anhängsel der klassischen Tragödientrilogie, wirkte diese Produktion des Tourneetheaters „Der grüne Wagen“.

 

Norbert Jahn

 

 

 

Westfalenblatt 10.2.2006 (Steinhagen)

 

KARNEVAL DER GESCHLECHTER

 

Lysistrates derb-amüsanter Kampf um den Frieden Steinhagen (WB). „Frauen und Männer passen einfach nicht zusammen“ – ein Stoßseufzer aus dem Repertoire jedes mehr oder weniger begabten TV-Comedien.

 

„Kampf der Geschlechter“ heißt das Thema bei politischeren Köpfen. Schon im Vor-Alice-Schwarzer-Zeitalter machten sich die Menschen Gedanken dazu. Nicht die schlechtesten – belegt die antike Komödie „Lysistrate“. Die Geschichte ist schnell erzählt. Lysistrate will sich nicht damit abfinden, dass die Männer von Athen und Sparta in ihren Krieg ziehen. Sie mobilisiert die Frauen zum Ehestreik und besetzt die Bank. Kein Sex und kein Geld – das soll die Männer zum Frieden bewegen. Und tatsächlich: Am Ende erhält Lysistrate den Siegeskranz, und die beiden Präsidenten schließen Frieden.

 

Angesichts der aktuellen Weltlage erscheint dies als eine naive Utopie à la „Kinder an die Macht“ oder „Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin“. Als wenn Liebesentzug die Kriegsmaschinerie stoppen könnte ... Doch die Idee hat etwas befreiendes, lädt zum Träumen ein: Warum eigentlich nicht ...?. In der „Lysistrate“ kommt dazu das Motiv des Geschlechterkampfes – ins Burleske, ja Obszöne übrigens schon im Original bei Aristophanes gesteigert. Ein Karneval der Geschlechter. Regisseur Thomas Stroux hat dazu gemeinsam mit Autorin Susanne Wolf eine stimmige Inszenierung erarbeitet, die vom Ensemble mit viel Spielfreude und Leichtigkeit umgesetzt wurde.

 

Da gibt Johanna Liebeneiner die kluge, listenreiche und durchsetzungsstarke „Emanze“. Nach einer gescheiterten Gewalt-Aktion („Wir dringen jetzt ein!“) gibt Athens Präsident – herrlich selbstironisch gespielt von Thomas Stroux – die neue Losung „ich bin nur ein schwacher Mann“ aus. Doch dagegen setzen die Athenerinnen die klassischen Waffen der Frau. Myrrhine (Petra Liederer) heizt als griechische Marilyn ihrem Kinesias (herrlich Mathias Kahler) so richtig ein, um sich ihm dann doch zu entziehen. Die Frauen haben in „Lysistrate“ den Ausgleich von Vernunft, Emotionalität und Stärke geschafft. Die Männer dagegen präsentieren sich als triebgesteuerte Schwächlinge, deren Hirnmasse unter die Gürtellinie gerutscht ist. Auf der Bühne mittels Phallus-Symbolen in jedweder Größe vor Augen geführt.

 

Die Musikeinlagen rufen so ziemlich jedes Schlager-Klischee von der Liebe, von Griechenland oder vom Frieden ins Gedächtnis: „Ein bisschen Frieden“ oder eben „Wassergüsse aus Athen“. Der Chor des antiken Dramas wird so – ganz stimmig – zur Revue-Einlage. Doch was bleibt nach diesem amüsanten Abend: die Binsenweisheit, dass heute gar nicht so viel anders ist zwischen Männern und Frauen? Ja, aber auch die Erleichterung, dass die Liebe das alte Modell der Ehe als reiner Versorgungs- und Zeugungsgemeinschaft inzwischen gründlich aufgemischt hat. Frauen und Männer passen eben doch zusammen.

 

Friederike Niemeyer

 

 

 

Norderstedter Zeitung 23.1.2006

 

GRIECHISCHE KOMÖDIE „LYSISTRATE“ WURDE VOM PUBLIKUM UMJUBELT PRALLES SPIEL UM KRIEG UND LIEBE DIE ZUSCHAUER AMÜSIERTE DAS LIEBESTOLLE THEATER PRÄCHTIG

 

Bei den alten Griechen wäre Aristophanes’ Anti-Kriegskomödie „Lysistrate“ realisierbar gewesen, heute bleibt es ein Märchen. Zu viele Frauen sind froh, sich ihrer Männer entledigen zu können, und zu viele Männer finden anderswo Freuden. Bliebe Frauen nur, die Kriegskassen zu klauen und die Börsen und Ölschalter zu besetzen. So wie die vier Frauen in Thomas Stroux’ Adaption von Aristophanes’ antiker Komödie „Lysistrate“., die Stroux’ Tourneetheater „Der Grüne Wagen“ in der „TriBühne“ aufführte.

 

Stroux transferierte die Komödie in die Moderne, peppte sie als Ersatz für große Chöre mit Evergreens und Operettenmelodien auf und brachte ein Lustspiel auf die Bühne, das immer haarscharf am Rand der Klamotte entlang jonglierte. Immer, wenn die Chose drohte, zur Schmiere zu werden, legte Stroux dem Spiel ernste Zügel an und erzeuge so gleichzeitig eine gute Spannung.

 

Getragen wurde das Spiel von Johanna Liebeneiner, die mit ihrer natürlichen Art auch in Fernsehserien wie „Tatort“, „Alle meine Töchter“ oder „Schloßhotel Orth“ präsent ist, Thomas Stroux und Petra Liederer, die eine hervorragende Kopie von Marilyn Monroe gab. Herausragend Mathias Kahler als Kinesias. Urkomisch, wie er vor Liebesdruck die Knie zusammenpreßt und seine Myrrhine um Erlösung anjault. Myrrhine ist Petra Liederer, sie versteht es prachtvoll, den armen Mann zu reizen.

 

Stark in der Frauenriege ist auch Sylvia Reisinger als Lampito aus Sparta, den Gegnern der Athener. Stroux gab ihr einen österreichischen Akzent, steckte sie in Loden, und die Österreicherin ließ es denn auch so richtig krachen. Edel gab sich Johanna in der Titelrolle, während Vivien Löschner die Kalonike als Dummchen anlegte.

 

Thomas Stroux zog als Präsident alle Register vom Macho über den Galan bis zum brünftigen Hirschen. Fit an Klavier und Keyboard zeigte sich Bela Fischer. Köstlich amüsierte sich das Publikum über die Riesen-Phalli, die die unter Liebesentzug notleidenden Männer verzweifelt vor sich herschoben. Aristophanes schrieb sie schon für die Uraufführung 411 v.d.Z. vor, und Bühnenbildner Rolf Doerr setzte sie sehr anschaulich um.

 

Heike Linde-Lembk

 

 

 

Schweinfurter Tagblatt Mo, 6.2.2006 SIEG DER VERWEIGERUNG

 

„Der Grüne Wagen“ mit modernisierter „Lysistrate“ im Theater SCHWEINFURT.

 

....Träume wird man ja wohl noch haben dürfen und so ist die gewiss bekannteste und auch beliebteste Komödie des großen griechischen Theatermachers Aristophanes, „Lysistrate“, von nach geradezu verblüffender Zeitlosigkeit.

 

Susanne Wolf hat sie bearbeitet. Den Rahmen übernommen, den Text jedoch ziemlich kompromisslos ins Heute geholt. Dabei war sie nicht sonderlich zimperlich..... Den klassischen Chor ersetzt Wolf durch Schlager und Operettenlieder des 20. Jahrhunderts. („Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen“, Ja, das Studium der Weiber ist schwer“, „Ein bisschen Frieden“). Ihre Texte formt sie wiederum erstaunlich leichthändig zum Kommentar der Handlung.

 

In Thomas Stroux und dem von ihm seit Jahresbeginn geleiteten Wiener Tourneetheater „Der Grüne Wagen“ ist die Adaption in besten Händen, wie sich das Schweinfurter Theaterpublikum am Samstag überzeugen konnte. Stroux, der selbst die Rolle des Präsidenten von Athen übernommen hat, zeigt eine Inszenierung, die oft ans Kabarett erinnert: kleine schnelle Szenen, manchmal Nummern, die für sich alleine stehen könnten.

 

Geschickt hält er die Balance zwischen eher nachdenklichen Momenten, wenn Lysistrate (herrlich variantenreich Johanna Liebeneiner) mit dem Präsidenten über die Notwendigkeit des Friedens räsoniert, oder dem urkomischen Betteln des heimgekehrten Kriegers Kinesias um die körperliche Zuwendung seiner Frau Myrrhine.

 

Der Mann hat Druck, Schmerzen zwischen den Beinen, er schreit nach Befriedigung. Mathias Kahler presst die Knie zusammen, schleppt sich nur noch über die Bühne, zehrt aus dem kleinsten Signal Myrrhines Hoffnung.

 

Petra Liederer gibt die Monroe, aus dem biederen Mädchen von Piräus wird die Diva, sie ist verführerisch, lockt, lässt es erotisch knistern, bremst, wendet sich ab. Zu gut einem Meter Länge schwillt die Männlichkeit der zur Enthaltsamkeit verdammten Soldaten. Der Notstand ist sichtbar, der Erfolg der Frauen nur eine Frage der Zeit. Über Wochen müssen die Männer darben, um sich dann doch zu beugen.

 

Knapp zwei Stunden dauert das kurzweilige Spiel. Spritzige Unterhaltung manchmal nahe am Klamauk, aber auch mit viel Witz, Hintergründigkeit. Viele Lacher. Freundlicher Applaus.

 

Karl-Heinz Körblein

 

 

 

HILDEN 31.1.2006-02-13

 

SPITZFINDIGE WORTSPIELE

 

„LYSISTRATE“ begeistert das Hildener Publikum Hilden.

 

Wer hätte gedacht, dass ein griechischer Klassiker so lustig sein kann? Die Komödie „Lysistrate“ von Aristophanes überraschte am Sonntagabend die Zuschauer mit spitzfindigen Wortspielen, Komik und Frivolität. Aufgeführt wurde die Geschichte der Athenerin Lysistrate (Johanna Liebeneiner), die alle Frauen Athens zum Ehestreik aufruft, um die Männer zum Frieden mit Sparta zu bewegen. Um die Forderung zu verstärken, besetzen sie die Staatsbank und machen gemeinsame Sache mit den spartanischen Frauen.

 

„Der Verlust von Eros und Macht – das ist der direkte Weg zum Frieden“, lautete die Parole der Frauen aus Athen und Sparta. Raffiniert wurde der spartanische Dialekt ins Heute transportiert, indem die Spartaner in Wiener Mundart sprachen und die österreichische Landestracht trugen. Es waren mehrere Szenen, die das Publikum zum Lachen brachten, als etwa die Männer die besetzte Staatsbank wieder erobern wollten und einen an einen Phallus erinnernden Rammbock benutzten. Ebenso herrlich die Szene, in der Kinesias seine Frau von ihrem Vorhaben abbringen will und dabei fast schon tragisch scheitert. Hauptgrund für den Erfolg war aber die gelungene Übertragung des antiken Stückes in die moderne Sprache. Denn obwohl „die Emanzipation leider noch nicht erfunden ist“ (Kalonike), so gab es doch schon den Duft „Ambrosia Nr. 5“.

 

 

 

Rheinische Post 31.1.2006-02-13 Hilden

 

EIN BISSCHEN FRIEDEN: FRAUEN IM EHESTREIK

 

Hilden. Wenn ein Komödienklassiker auch nach rund 2400 Jahren nichts an Aktualität eingebüßt hat, dann wohl „Lysistrate“ aus der Feder von Aristophanes. Am Sonntag gastierte das Tourneetheater „Der Grüne Wagen“ mit dem höchst amüsanten Stück in der Neufassung von Susanne Wolf in der Stadthalle – und die aktualisierte Inszenierung sorgte immer wieder für große Heiterkeit im gut besetzten Saal.

 

Nach 20 Jahren Krieg zwischen Athen und Sparta will Lysistrate die Frauen dazu überreden, in den Ehestreik zu treten, bis die Männer ihre unsinnigen Scharmützel beenden. Die Damen einigen sich schließlich darauf, sich ihren Männern zu verweigern, nicht ohne zuvor gemeinsam zu trällern „Ein bisschen Frieden“. Mit der Kriegskasse verschanzen sich die Damen und schon bald beginnen die Herren, unter der Zwangs-Enthaltsamkeit schrecklich zu leiden. Aber auch die Damen haben ihre Probleme, konsequent zu beleiben. Der Geist ist halt willig und das Fleisch droht schwach zu werden.

 

Bis es zum Friedensschluss kommt, erlebt das Publikum eine Fülle amüsanter Verwicklungen. Nicht nur Kinesias und der Präsident wissen kaum wohin mit ihrer überschüssigen und weithin sichtbaren Manneskraft und so kommt es zu einer der urkomischsten Szenen der Weltliteratur, als Myrrhine vorgibt, dem Verlangen ihres Gatten nachzugeben.

 

Die flotte Neufassung des Klassikers lässt keine Gelegenheit aus, einen Gag nach dem anderen zu platzieren, bewegt sich dabei aber zuweilen auf einem sehr schmalen Grat...., doch das Publikum amüsierte sich prächtig über Susanne Wolfs Einfälle, die musikalischen Einlagen der Protagonisten und die temporeiche Regie von Thomas Stroux.

 

Johanna Liebeneiner gibt die Titelfigur in einem gut besetzten Ensemble, das die frauenfreundliche „Lysistrate“ schwungvoll auf die Bühne bringt. Auch nach 2400 Jahren beeindruckte die Spannbreite von Aristophanes’ Lustspiel aus Politik und dem Zusammenleben zwischen den Geschlechtern, angereichert durch modernen Wortwitz und musikalische Einlagen durch den exzellenten Pianisten Bela Fischer Frank Erkelenz