Pressereaktionen zu "Bunbury"
Immenstadt / Oberallgäu - Kultur / Allgäuer Anzeigeblatt, 2.10.2007
Das Beziehungskarussell und der Schwindel
Oscar Wildes hintergründige Gesellschaftskomödie "Bunbury" sorgt für fulminanten Spielzeitauftakt im Immenstädter Hofgarten
Zwerchfellerschütternd Andreas Wimberger als Dandy Algernon und Thomas Stroux als Lady Bracknell in der Komödie "Bunbury" von Oscar Wilde. von Rosemarie Schwesinger
Immenstadt. "Bunburysieren" - diesen eigentlich unübersetzbaren Begriff sollte man sich merken! Steht er doch als Metapher für Alltagsfluchten und Doppelleben mit leicht frivolem Anstrich - so lehrt uns jedenfalls der geniale Oscar Wilde in seiner ebenso genialen "trivialen Komödie für ernsthafte Leute", die jetzt in einerbravourösen Inszenierung von Thomas Stroux zum Spielzeitauftakt im Immenstädter Hofgarten für beste Unterhaltung sorgte.
Bei dieser mit Charme und Esprit locker flockig gewebten absurden Farce "Bunbury" schweben die Protagonisten mit ihren vorübergehenden Konfliktsituationen immer eine Handbreit über dem Boden der Realität. Zwei höchst unterschiedliche junge Herren - der leichtlebige Dandy Algernon (von Andreas Wimberger im saloppen Gestus trefflich gemimt) und der (scheinbar) korrekte Gentlemen Jack, dem Josef Baum überzeugend Gestalt verlieh - stehen im Mittelpunkt des Geschehens. Jeder der beiden hat sich, um seine Extratouren zu kaschieren, ein Phantasiegeschöpf ausgedacht. Während Algernon für seine häufigen Landfluchten einen alten kranken Freund "Bunbury" erfand, verwandelte sich der brave Jack zwecks Londoner-Lebemann-Doppelleben in seinen fiktiven "Bruder" Ernest. Dieses muntere Wechselspiel ging so lange gut, bis sich beide verliebten. Algernon in Jacks Mündel Cecily (aufmümpfig und bezaubernd: die junge Dinah Pannos) und Jack in die kesse Gwendolen (kapriziös durch Petra Liederer in Szene gesetzt).
Zu absurden Höhen
Die solchermaßen umworbenen Damen haben allerdings eine ganz besondere Affinität für den Vornamen "Ernest", den sie - völlig zu Unrecht, wie sich zeigen sollte - mit dem Adjektiv "ernst" verbinden. Womit die Konflikte vorprogrammiert waren, die mit dem Auftreten der gestrengen, standesbewussten "Lady Bracknell" (absolut hinreißend und zwerchfellerschütternd karikiert durch Thomas Stroux!) in absurde Höhen geschraubt wurden.
Um das Maß des konfusen Beziehungskarussells voll zu machen, entbrennen auch noch Cecilys Gouvernante Miss Prism und der brave Reverend Chasuble (aliasSilvana Sansoni und Uwe Schwalbe) in heißer (verbotener) Lieb und durchschlagen letztendlich den gordischen Knoten der mysteriösen Herkunft des "Reisetaschen-Findlings" Jack. Der somit tatsächlich als Bruder des fiktiven "Ernest" geoutet wurde.
Gespickt mit spritzigen Aphorismen und hintersinniger Doppelzüngigkeit perlt das Ganze über die von Rolf Doerr stimmig visualisierte Bühne.
Viel Beifall zum Schluss für diese "Omlette soufflée - Unterhaltung auf hohem Niveau und ihre vortrefflichen Interpreten.
Siegener Anzeiger von Samstag, 20. Oktober 2007
Köstlich „bunburysiert“
Ernst sein ist alles: Wilde-Stück in der Stadthalle Olpe
zel Olpe. Ernst – ein göttlicher Name.
Da ist Musik drin, er lässt einen vibrieren.
Jede Frau ist zu bedauern, die nicht mit einem Ernst verheiratet ist.Um ihren Mädchentraum wahr werden zu lassen, haben sich gleich zwei Frauen, eine Dame der Londoner Gesellschaft, Gwendolen Fairfax, und ein 18-jähriges Mädchen vom Lande, Cecily Cardew, einen Ernst gesucht und lieben ihn mit heißem Herzen.
Doch beide haben ein ernsthaftes Problem: Keiner von beiden ist ernst/Ernst!
Der eine ist Jack Worthing, der sich auf in der Stadt diesen Namen gibt, wenn er es auf dem Land nicht mehr aushält, der andere ist sein Freund, der verarmte Londoner Dandy Algernon Moncrieff, der als Jacks (erfundener) Bruder Ernst aufs Land reist, um mit Jacks Mündel Cecily anzubändeln. Ein köstliches Komödien-Knäuel ist das, das sich zur Freude des Publikums nach und nach entwirrt.
Das österreichische Tourneetheater Der grüne Wagen gastierte am Donnerstag mit Oscar Wildes „Bunbury oder: Ernst sein ist alles“ in der Stadthalle Olpe. Es ist immer wieder eine Freude, dieses vor Wildeschen Aperçus und intelligenten und witzigen Dialogen nur so strotzende Stück auf der Bühne zu sehen.
Der erste Akt in Algernons Gemächern ist nur ein Vorgeplänkel, in dem das Konzept des „Bunburysierens“ vorgestellt wird.
Für den Lebemann Algernon – Andreas Wimberger gab ihn schön zerstört vom nächtlichen Alkoholgenuss, gleichwohl großspurig und geistreich – ist das die Möglichkeit, mit einer anderen Identität, nämlich als Bunbury, vor seinen Gläubigern zu verschwinden. Dass sein Freund Jack – Josef Baum als ziemlich solider Gentleman – ebenfalls die Kunst des „Bunburysierens“ als Möglichkeit zu kleinen Fluchten beherrscht, bringt die Komödie ins Rollen. Außergewöhnlich, aber laut Programmheft nicht zum ersten Mal so besetzt: Lady Bracknell, Algernons Tante und Mutter von Jacks Verlobter Gwendolen, wird von Regisseur Thomas Stoux gespielt, eine gute Idee, um das Herrische (im wahrsten Sinne) dieser aufgeblasenen Society-Lady zu betonen und zu karikieren.
Der zweite Akt machte dann richtig Spaß: Das Publikum reiste mit dem Ensemble aufs Land, angedeutet in einem einfachen Bühnenbild mit Garten, Schaukel und ein paar Sitzmöglichkeiten, vor dem die Charaktere sich so richtig austoben konnten.
Dinah Pannos als süße, aber blitzgescheite und flinkzüngige Cecily lieferte sich hier mit Petra Liederer als kapriziöseGwendolen einen vortrefflichen Zickenkrieg um den einen oder anderen Ernst und verbündete sich dann doch mit ihr, als sich herausstellte, dass sie zwei „Bunburyaner“ lieben, der Dorfpfarrer (Uwe Schwalbe) und Miss Prism (Silvana Sansoni), Cecilys Gouvernante, scharwenzelten goldig umeinander her, und die Ankunft von Lady Bracknell vermochte das Knäuel schließlich zu lösen: Das Findelkind Jack ist doch Ernst! Und das ist in diesem Fall besonders bedeutsam.
Thomas Stoux ging mit seiner Inszenierung kein Risiko ein. Er setzte auf klassisches Bühnenbild und Kostüme aus der Zeit der Jahrhundertwende (von Rolf Doerr) undstellte die geschliffene Sprache Wildes, die voll mit Anspielungen auf das gesellschaftliche Leben der Zeit ist, in den Vordergrund. Das Publikum, das sowohl die Ideen des Autors als auch deren Umsetzungdurch die Schauspieler zwischendurch beklatschte, erfreute sich an der erfrischend unmodernen Aufführung und spendete – ganz im Ernst – herzlichen Applaus.
20.10.2007 / Lokalausgabe / Westfälische Zeitung
Frenetischer Applaus für Lügnerkomödie
"The importance of being Earnest" heißt der englische Untertitel und skizziert damit die Doppelbedeutung von "ernst" sein und "Ernst" heißen. Ernst wirkt auch der auf dem Lande lebende und Verantwortung für sein Mündel tragende Jack, der sich "Ernst", seinen in der Stadt lebenden Bruder erfand, um dort unernst sein zu können. Jacks Freund "Algernon" benützt den so genannten "Bunbury", um dem Alltag zu entfliehen. Als die Freunde, von der Liebe infiziert, sich ihren Angebeteten gegenüber beide als "Ernst" ausgeben, verknotet sich das intelligente Verwirrspiel immer mehr, und erst am glücklichen Schluss stellt sich die erlogene Rolle als die berechtigte heraus, gibt es gleich drei Verlobungen.
Frisch und schwungvoll inszeniert war das Stück, bezaubernd schön die Kostüme, hervorragend das stimmige Bühnenbild. Andreas Wimberger spielte mit viel Elan den schillernden Dandy Algernon; theatralisch und selbstverliebt mit unübersehbarem schwulen Touch warf er sich immer wieder in Positur, erregte mit heiteren Zynismus seinen Freund John, genannt Jack respektive Ernst. Ihr geistreicher Schlagabtausch war ebenso köstlich wie die vereinzelten Gefühlsausbrüche des ansonsten eher ernsten "Ernstes" alias Josef Baum. Bezaubernd frisch und temperamentvoll gab sich die erst 20-jährige Dinah Pannos als "Cecily", dem jungen, etwas naiven Mädchen vom Lande.
Komplett anders trat Petra Liederer auf, verkörperte sie doch die affektierte und kapriziöse Stadtpflanze "Gwendolen". Großartig schafften die beiden es, die hinter heuchlerischer Freundlichkeit getarnte weibliche Spitzzüngigkeit in schwesterliche Einigkeit umschlagen zu lassen. Schmallippig und english correctly steif imponierten die Butler "Merriman" (Bernd Wünsche) und "Lane", von Uwe Schwalbe ebenso in Szene gesetzt wie die Rolle des weltfremden und doch in die Gouvernante "Miss Prism"(Silvana Sansoni) verliebten "Reverend Chasuble". Den charakterkomischen Knalleffekt jedoch bot Regisseur Thomas Stroux als Tante Augusta; mit donnernder Stimme karikierte er zwerchfellerschütternd die standesbewusste "Lady Bracknell", deren Geldgier alle angeblichen Prinzipien über Bord warf.
Frenetischer Applaus dankte den Schauspielern für ihre hervorragende Umsetzung von Oscar Wildes witzigstem Bühnenstück.
Glänzten mit Wortwitz und glänzender Schauspielerei (von links): Josef Baum, Petra Liederer, Andreas Wimberger, Dinah Pannos, Silvana Sansoni, Thomas Stroux. (WR-Bild: jul)
Julia Eiden
Landkreis Ansbach vom Donnerstag, 18. Oktober 2007
"Kultur am Schloss": Oscar Wildes "Bunbury" im Ansbacher Borkholder-Haus
Zeitloser Beziehungswahnsinn
Thomas Stroux inszeniert Stück als flotte Verwechslungskomödie mit satirischen Spitzen
ANSBACH - Wer nicht aufpasst, wird gebunburyt. Man führt sie oder ihn vor, dreht den Konventionen eine lange Nase, erhebt den schönen Schein zur scheinbaren Realität. Mit eben jenem boshaften Augenzwinkern, mit dem der britische Literat Oscar Wilde 1895 seine bissige Komödie "Bunbury oder Ernst sein ist bedeutend" verfasste. Mit der Tourneeproduktion des "Grünen Wagens" ist das Borkholder-Haus schwungvoll in die Saison gestartet.
Der nadelspitzen Gesellschaftskritik galt seit jeher das besondere Augenmerk Wildes (1854 – 1900), der seiner Bisexualität wegen im konservativen England des 19. Jahrhunderts ein Außenseiter blieb, für seine Verstöße gegen die geltende Norm entweder verachtet oder heimlich bewundert.
"Bunbury" ist vordergründig eine Verwechslungskomödie, die Wilde freilich nur als Vehikel diente, die Fragwürdigkeit all zu starren Konventionsdenkens anzuprangern.
Dass manche Namen und Bezeichnungen dieses Stückes in Homosexuellenkreisen durchaus doppeldeutig aufgefasst werden konnten und sollten, wird zwar im Programmheft anschaulich beschrieben, ist aber für die Inszenierung des Theaterprinzipals Thomas Stroux kaum von Bedeutung. Wenn der Regisseur sich mit der schrägen Lady Bracknell ausgerechnet eine witzige Travestierolle à la "Charleys Tante" gesichert hat, geht dies eher als Skurrilität durch.
Ansonsten regiert in "Bunbury" der ganz normale Wahnsinn zwischen Männern und Frauen, zelebriert mit annähernd dem Maximum an "Britishness", zu der deutschsprachige Darsteller fähig sein dürften.
Virtuose Dialoggefechte
Da offenbart der junge Jack Worthing (Josef Baum) seinem besten Freund Algernon Moncrieff (Andreas Wimberger) nicht ganz freiwillig sein Doppelleben: Um von Zeit zu Zeit dem langweiligen Leben auf dem Land entfliehen zu können, schützt er dort seinen nicht existierenden Bruder Ernst vor, den er aufgrund dessen lockeren Lebenswandel ständig in London besuchen muss, um die angeblichen Fehltritte dieses imaginären "Schwarzen Schafes" zu reparieren.
In der Metropole schlüpft er selbst in die Rolle jenes "Ernst". Ein Verhalten, das sein Dandy-Freund Algernon nur zu gut versteht, hat er doch zum selben Zweck einen kranken Freund namens "Bunbury" erfunden. Unterschiedlicher könnte das Duo nicht sein. Hier der schüchterne Zauderer Jack, dort der übersättigte Dandy Algernon, ein plastische Konturen gibt.
Die idyllische Männerfreundschaft kriegt Risse, wenn es um Frauen geht. Jack will unbedingt die zickige Gwendolen Fairfax (Petra Liederer) heiraten. Algernon stellt Jacks minderjährigem Mündel Cecily Cardew nach. Die ist bei Dinah Pannos der bisweilen ins Groteske überzeichnete Archetyp eines bezaubernden Backfischs, der sich mit seinem Traummann in der Phantasie schon verlobt, ehe man sich überhaupt kennen gelernt hat. Beide Frauen wollen nur Männer, die Ernst heißen – einer von vielen absurden Schlenkern, die Anlass für virtuose Dialoggefechte und kabarettistische Zynismen sind.
Wären nicht das sparsame Jugendstil-Bühnenbild und die gemäßigt historische Kostümierung, könnten die Texte auch aus einem modernen Boulevardstück stammen. Humor, der sich so brillant mit menschlichen Grundmustern auseinandersetzt, kennt kein Verfallsdatum.
Hans von Draminski
Crailsheim / Samstag, 6. Oktober 2007
Leichtes Ernst-Sein
Ralf Snurawa
Es könnte eine ernste Sache mit Ernst sein. Aber Oscar Wilde war mit "Bunbury" eher auf der Suche nach der Leichtigkeit des Ernst-Seins. Auch, um der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten. DER GRÜNE WAGEN vermochte dies mit sehr britischer Nasalität umzusetzen.
Tante Augusta Bracknell, gespielt von Regisseur Thomas Stroux, eine Frauenrolle von einem Mann wiedergegeben, was hätte sich Oscar Wilde gefreut. Die Rolle hält zwar die britische Tradition hoch, ist aber zupackend und die Handlung vorantreibend.
...Dinah Pannos gewinnt ihrer Cecily gegenüber der von Petra Liederer hochnäsig, aber sich wandelnd gespielten Gwendolen Mut und Trotz ab...
...Miss Prism – mit Schalk geschlagen durch Silvana Sansoni ...
Jack Worthing von Josef Baum untadelig gespielt – und sein Freund und Augusta-Neffe Algernon Moncrieff – Andreas Wimberger, ein Luftikus.
Thomas Stroux vom Tourneetheater DER GRÜNE WAGEN gelang die Umsetzung der widersprüchlichsten Leichtigkeit des Ernst-Seins, die Wilde mit dem Untertitel "Die Wichtigkeit, Ernst zu sein" gleichzeitig ein wenigkonterkarierte. Ganz hervorragend – so wie die zugreifende Art der Tante Augusta.
Murtaler Zeitung vom 5.10.2007
Komödie für ernsthafte Leute
Knittelfeld.
Die Darsteller lieferten ein überzeugendes Stück.
Mit einer "trivialen Komödie für ernsthafte Leute" startete in diesem Jahr das Wunschabo-Veranstaltungsprogramm im Knittelfelder Kulturhaus. Oscar Wilde gelang 1895 mit "Bunbury" der Durchbruch. Vergangene Woche kamen zahlreiche Zuseher in den unvergleichlichen Genuss, die Aufführung dieses Theaterstückes im Knittelfelder Kulturhaus mitzuerleben. Die Inszenierung erfolgte durch Thomas Stroux. "Bunbury" ist eine unterhaltsame Verwechslungskomödie, die gleichzeitig eine erheiternde Liebesgeschichte beinhaltet. In den Hauptrollen glänzten Andreas Wimberger, Dinah Pannos, Petra Liederer, Josef Baum sowie Thomas Stroux und Silvana Sansoni.
Das Publikum zeigte sich äußerst amüsiert über die belustigende, aber dennoch anspruchsvolle Vorstellung, die vor Augen führte, wie wichtig es manchmal sein kann, "ernst" zu sein.
Manuela Wadsack